20 July 2008

no name said

i stole the following anonymous comment on one of ken yamamoto's poems here, and i would like to say a couple of things to that. i will say them in german, as the comment is in german, and because the references made are with respect to other german authors.

Lieber Ken,

ich lese deine Verse. Man merkt, du schreibst lange. Aber ich frage mich: was macht deine Gedichte hier als Gedichte aus? Mir kommen sie vor wie in Verse gehackte/umgeschlagene Prosa. (Diesen Eindruck hatte ich schon in der Oberstufe von vielen Brechtgedichten, vor allem bei denen aus seinem Exil - hatte solch Eindruck also schon bei einem “Großen”.) Man sieht und hört und liest immer wieder derartige “Gedichte” auf Slams, in Anthologien usw. Ich habe das nie verstanden: so zu tun als hätte man Gedichte vor sich, die doch meiner Ansicht nach in Verse umgeschlagene Prosa sind. (Freilich muss man auch das erst einmal können.)
Ich will nicht sagen, dass ich wüsste, was ein Gedicht wirklich ist, genauso wenig, dass ich sagen könnte, was Prosa wirklich ist. Und doch bin ich mir sicher: viele, und auch diese hier von dir sind keine Gedichte, sondern Prosa. Beim Lesen fällt das eher auf. Auf der Bühne, Kunst in actu, vielleicht weniger. Performance ist sowieso eine leidige Angelegenheit. Sie verklebt die “Wahrheit”.

Ich mag normalerweise die Alten Literaten nicht, die Hochkultur-Literaten - aber in einem haben vielen von ihnen vielleicht Recht. Nämlich dass die Lyrik die schwerste Gattung ist. Prosa ist viel leichter. Was ist damit gemeint? Ohne hier viel ausführen zu wollen und zu können: das Wort Gattung macht den Unterschied - und das Wort Gebundenheit. Lyrik ist nicht einfach “schwerer”, sondern wirklich anders als Prosa. Deine Verse wie die vieler anderer arbeiten mit des Lesers zwangsweise umschlagenden Augen - aber das macht Lyrik nicht zur Lyrik, sondern ist bloße Kontrolle des Raumes.

Ich merke, dass ich hier beginne zu theoretisieren. Ich will nicht aufdrücken, noch deine künstlerische Arbeit schmälern; sie ist als Kunst anzuerkennen, du bist als künstlerisches Subjekt anzuerkennen. Aber deine Gedichte sind wie viele andere, die mir begegnet sind, eigentlich Prosa. Ich weiß deshalb einfach nicht, warum du und so viele andere sie einem Publikum als Verse, als Gedichte verkaufen wollen.

Posted 18 Jul 2008 at 03:17

waehrend ich ahne, was der kommentator meint, wenn er sagt, er vermisse das 'lyrische' an kens (und aehnlichen) gedichten, ist mir doch alles andere als klar, was er oder sie mit diesem leserbrief bezwecken will. besonders, wenn man - selbsterkenntnis ist der erste schritt zur besserung - nicht weiss, wovon man redet, ist ernstzunehmende kritik schwer zu ueben. prosa, lyrik, slam, performance und WAHRHEIT, ausgerechnet, in einen topf zu werfen, und einem autor zuletzt, ausgerechnet, 'bloße kontrolle des raumes' vorzuwerfen, mißlingt. und von 'verkaufen' kann an dieser stelle wirklich keine rede sein, nicht einmal bildlich gesprochen. wir teilen hier im internet umsonst kultur und brechen unsere zeilen, wo es uns passt. wer probleme mit der klassifizierung oder dem gattungsbegriff dieser unserer arbeit hat, der sollte doch darauf vertrauen, dass diese nicht noetig sind, um zu folgen. geschmacksfragen sind selbstverstaendlich ein ganz anderes paar schuh; wem nicht gefaellt, was er von uns - umsonst, verdammt - erhaelt, der moege sich doch bitte andernorts verklicken und von formverbesserungsvorschlaegen absehen.
zwar sind autoren und leser per definitionem auf einander angewiesen, doch waeren wir auch ohne eure anerkennung unserer personen als 'kuenstlerische subjekte' noch autoren.

und ueberhaupt, dass prosa 'viel leichter' sei als lyrik, ist bestenfalls ein lyrikergeruecht, eher aber ein anfaengerfehler, ein mangelndes grundverstaendnis. nichts, aber auch gar nichts,
ist einfach an gutem text. erst recht ist schrecklich schwer, dass man nicht einmal geld verdient mit seiner arbeit, was kens gedicht im uebrigen ja auch beschreibt. daher, wie heisst es doch so schoen: friss, vogel, oder stirb!

2 comments:

Anonymous said...

Was führt der Kommentator diese uninteressante Diskussion? Wenn's ihm nicht passt, soll er doch 'was anderes lesen.

Anonymous said...

"wir", "uns", lese ich da kostenlos und höre ich da etwas heraus, was somit Kritik nur im Rahmen zuläßt, vielleicht nur von jemanden, der auch "umsonst" die Zeilen umbricht. Schönes Bild, btw., umsonst die Zeilen umbrechen.
Habe ich hiermit auch getan. :))
GTaag.